5 Einführung

In Kapitel 1.1 wurde gezeigt, dass die solar bedingte Energiezufuhr in Abhängigkeit der geographischen Breite unterschiedlich ist. In der Aequatorzone ist ein Energieüberschuss, an den Polkappen dagegen ein Energiedefizit zu verzeichnen. Damit sich diese Differenz nicht zunehmend aufschaukelt, muss diese Energie durch die Zirkulationssysteme des Ozeans und der Atmosphäre ausgeglichen werden, wobei die beiden Systeme global gemittelt je etwa die Hälfte dieser Energie austauschen. Der atmosphärische Ast dieses grossräumigen Ausgleichs von Masse, Wärme und Impuls wird als Allgemeine Zirkulation der Atmosphäre (AZA) bezeichnet. Er wird in der Folge unabhängig vom Ozean beschrieben, obschon dieser mit seinem eigenen Austauschmechanismus (englisch: Conveyor Belt) und insbesondere mit seiner Oberfläche mit der Atmosphäre in Wechselwirkung steht. Dadurch entstehen zum Teil komplexe, systeminterne Schwingungen oder Schaukeleffekte (zum Beispiel El Niño-Southern Oscillation ENSO oder North Atlantic Oscillation NAO), welche bei signifikanter Ausprägung des Druck-, Temperatur- und Feuchtefeldes als Telekonnektionen (engl. teleconnections) bezeichnet werden.

Nach dynamischen Überlegungen zur Corioliskraft wird die Wirkungskette Energiedifferenz - thermische Differenz - Luftdruckgefälle - Windsysteme räumlich und zeitlich charakterisiert, indem spezifisch auf die geographischen und erdmechanischen Bedingungen eingegangen wird. Von grosser Bedeutung ist dabei die Erddrehung, welche die in den beiden tropischen Hadley-Konvektionszellen in der Höhe polwärts strömenden Luftmassen differenziell nach Osten ablenkt und so in den Mittelbreiten beider Halbkugeln ein Höhenwestwindband mit einer Frontalzone erzeugt (Polarfront mit Polarfront-Jetstream). Polwärts dieser Frontalzone liegen die Kaltluftkalotten mit tiefem Druck (zum Beispiel Islandtief), aequatorwärts davon das Band mit wärmerer Luft und höherem Druck. Da ein geostrophischer Westwind in meridionaler Richtung keinen Austausch vollbringen kann, wird dieses Westwindband bei grossen meridionalen Temperaturdifferenzen instabil und schlägt lange (Rossby-) Wellen, auf deren Südost- (Nordhalbkugel) und Nordostseite (Südhalbkugel) infolge der Bodenreibung ageostrophische Winde induziert werden, welche massgeblich zur Bildung von ostwärts driftenden Zyklonen oder Zyklonenfamilien beitragen. Spezifische geographische Bedingungen führen zu einer regionalen Modifikation der oben beschriebenen Konfiguration der Energie-, Temperatur- und Windverteilung: Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Kontinente wird die Westwinddrift auf der Nordhalbkugel durch die grossen Landmassen stärker gestört und weist stärker mäandrierende Wellen auf. Diese Wellenbildung wird zudem durch die grossen, meridional verlaufenden Gebirgsmassive oder durch Hochplateaus (Rockies, Grönland, Himalaya, Anden) zusätzlich verstärkt. Die Existenz der Landmassen Nordamerikas und Eurasiens führt - vor allem im Winter - auf der Nordhalbkugel zur Ausbildung einer hantelförmigen Kaltluftkalotte mit Polen über dem kanadischen Archipel und über der Mandschurei. Im Bereich der Subtropen bilden sich insbesondere über den Ozeanen grosse subtropisch-randtropische Antizyklonen (zum Beispiel das Azorenhoch über dem Nordatlantik), auf deren dem Äquator zugewandten Seite die warmen und trockenen Passatwinde, auf der polwärtigen Seite jedoch ebenfalls starke Höhenwestwinde (Jetstreams) erzeugt werden. Grosse Kontinentalmassen, insbesondere jedoch Hochplateaus, sind in der Lage, starke, jahreszeitlich wechselnde Windsysteme zu erzeugen, die Monsune. Bekannteste Monsungebiete mit jahreszeitlich wechselnden Wind- und Wolkensystemen sind Indien und Ostasien, Südwestafrika und der Grossraum um den Gran Chaco in Südamerika. Sie führen über den Kontinenten zu einer starken Deformation oder sogar Auflösung der über dem Ozean eher linear angeordneten Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ), welche wie die anderen Systeme mit der jahreszeitlichen Verschiebung des Sonnenstandes mitwandert.